Erinnerungen an die Kindheit von Helene Lamberty
Geschichten und Anekdoten von Helene Lamberty
Teil 1
Angeregt durch die wunderbare Erzählung meines Freundes Erwin Kreusch über seine Jugenderinnerungen, die auch in mir Vieles wachriefen, dachte ich mir, an dieser Stelle, auch mal von meiner Kindheit und Jugendzeit in unserem kleinen Dorfladen zu berichten. Hier nun einige Erlebnisse aus den 50 bis 60er Jahren, also zu der Zeit, vor den Großkaufhäusern, als es in Kettenis noch mindestens 10, sogenannte „Tante-Emma-Läden“, gab.
Die Geschichten der Dorfzeitung haben mich ermutigt einige meiner Kindheitserinnerungen aufzuschreiben. Vielleicht wird der/die Eine oder Andere sich ja auch darin wiederfinden und in der Familie davon erzählen.
Damals wurde noch nicht über das Klima diskutiert, da waren die Jahreszeiten wie sie eigentlich sein sollten. Es gab z.B. im Winter so viel Schnee, wie man es heute in unserer Gegend gar nicht mehr kennt. Wir wohnten in der vorderen Talstraße und es gab so wenig Autos, dass wir auf der Straße spielen konnten. Heute unvorstellbar !
Nach der Schule trafen wir uns draußen mit unseren Freunden und machten Schneeballschlachten und Rutschbahnen bis es begann dunkel zu werden. Zurück zu Hause mussten wir zuerst Schulaufgaben machen und dann gab es Abendbrot.
Am Ende der Talstraße, hinter dem Bahngeleise auf der linken Seite, war in der Wiese, die mit einem kleinen Bachlauf an der Straße endete, ein größerer Hügel, er wurde der „Halmese Berg“, genannt nach dem Besitzer der Wiese, dem Landwirt Herrn Halmes. Dort ging die Dorfjugend mittwochs nachmittags rodeln und oft genug, wenn wir etwas zu stark Anlauf genommen hatten, landeten wir mit den Füßen im Bach. Wir lachten, zogen den Schlitten aus dem Wasser und stapften wieder den Berg hoch und alles ging von vorn los. Bei einbrechender Dunkelheit ging es zurück nach Hause wo Mutter warmen Kakao für uns zubereitete.
Wir hatten einen großen Küchenherd, auf dem wurde das Essen gekocht und die Küche damit geheizt. Über diesem Herd hing ein halbrundes Holzgestell das man auseinander klappen konnte und darauf wurden die vom Schnee durchnässten Drillichhosen von uns vier Kindern zum Trocknen gehangen, damit wir sie tagsdrauf wieder anziehen konnten. Wer hatte damals schon zwei Freizeithosen?
Im Frühjahr war die Zeit der Maikäfer. Dann durften wir manchmal draußen bleiben bis es dunkel wurde. Mitten über der Kreuzung Aachener-, Kirch- und Talstraße, wo noch die Straßenbahngeleise nach Aachen verliefen, hing eine Straßenlampe mit einer ganz einfachen Leuchtbirne, Neonlicht gab es zu der Zeit noch nicht. Im Dunkeln wurden die Maikäfer vom Licht der Lampe magisch angezogen und flogen so lange bis sie irgendwann erschöpft zu Boden fielen. Darauf hatten wir gewartet. Wir nahmen unseren vorbereiteten Schuhkarton, in dessen Deckel wir Löcher gemacht und einige grüne Blätter rein gelegt hatten und sammelten die Maikäfer vom Boden auf. Wir legten sie in den Schuhkarton und schlossen den Deckel damit sie nicht rauskrabbeln konnten. Ein oder zwei Tage später meinte Vater wir sollen den Tieren doch wieder ihre Freiheit geben. Wir gingen in den Garten, öffneten den Schuhkarton und die Maikäfer flogen davon. Leider sind Maikäfer in unserer Gegend heute so selten, dass die Kinder sie nur von Fotos kennen.
Es gab damals auch kaum ein Haus mit fließendem Wasser und wie in vielen alten Häusern gab es auch in unserm Keller einen Brunnen, dessen Wasser aber nur zum Putzen gebraucht wurde.
Das Trinkwasser musste mit Eimern an einer Pumpe geholt werden die am Eckhaus der Gasse zur Obersten Heide stand, die „Schuncke Gasse“ genannt, nach dem Besitzer der dortigen Weberei Schunck, dem Vater des heutigen Apothekers Schunck. Diese Pumpe war für jedermann im Dorf zugänglich und das Wasser war kostenlos.
Helene Lamberty